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Auf dem Weg zu Salto und Todessturz

Marcel und Marina Hatzilazarou sind mit Rock 'n' Roll groß geworden - Bei der Europameisterschaft haben sie einiges vor

Mindestens ins Halbfinale wollen es Marcel und Marina Hatzilazarou bei der Europameisterschaft im russischen Kaliningrad schaffen. Die Geschwister aus Deizisau sind auf dem Höhenflug, seit sie in der Rock 'n' Roll-Juniorenklasse gemeinsam an den Start gehen.

VON KARIN AIT ATMANTE

Bruder und Schwester, 16 und 14 Jahre alt - da vermutet man Konfliktpotential. Vor einigen Jahren hatten Marcel und Marina tatsächlich noch jeweils andere Tanzpartner und dachten nicht daran, miteinander zu starten.Aber ähnliche sportliche Fähigkeiten und Ansprüche haben sie dann doch zusammengeführt, wohl auch eni ähnlicher Ehrgeiz - haben sie doch ihre großen Vorbilder täglich vor Augen: Ihre Eltern Conny Schulz-Hatzilazarou und Kosta Hatzilazarou sind ein Begriff und haben eine wahre Titel- und Trophäensammlung des Rock 'n' Roll zuhause. Die Kinder waren schon als Knirpse regelmäßig beim Training dabei, sie fieberten bei Turnieren mit. Und wenn ihre Mutter beim sogenannten Todessturz durch die Luft flog - eine Figur, bei der mancher Zuschauer lieber die Augen zukneift - schaute Marina ganz genau hin. "Mein Ziel war immer, dass ich das auch mal mache", sagt sie.

In der Juniorenklasse gehören Wurf-Figuren noch nicht zum Programm, Hebe-Elemente dagegen schon. Die beherrschen Marcel und Marina beinahe im Schlaf. In die Würfe steigen sie Schritt für Schritt und am Seil gesichert ein. Marcel wird demnächst 17, dann bleibt nur noch ein Jahr bei den Junioren. Und bei der Akrobatik kommt die Sicherheit mit der Routine. "Die Hebe-Akros kann man in einem Monat lernen, aber die schwierigeren Sachen muss man 100 Mal machen, um sie sicher und ohne Angst zu springen" wissen die beiden von ihren Eltern, die sie in diesem Bereich trainieren. Tanztrainer ist dagegen Bernd Althaus von den Plochinger Rocking Stars.

Ihre Vertrautheit als Geschwister sehen Marcel und Marina inzwischen als große Stärke: Sie brauchen nur wenige Takte Vorlauf und zählen nicht ein. "Wir brauchen uns nicht mal anzuschauen" sagt Marina. "Ich steh' neben Marcel und hab im Gefühl, jetzt fängt er an". Bei den Europameisterschaften in Kaliningrad haben sie trotzdem eine schwierige Ausgangsposition. Denn bei internationalen Turnieren tanzen jeweils fünf Paare gleichzeitig - da ist es für Neulinge extrem schwierig, in 90 Sekunden aufzufallen. Auf nationaler Ebene sind die Geschwister, die vergangenen Juli ins Nationalteam aufgenommen wurden, bereits ein Begriff. Sie stehen auf Platz eins der süddeutschen Rangliste, wurden kürzlich baden-württembergische Landesmeister und möchten bei der Deutschen Meisterschaft Ende Juni in Ostfildern möglichst weit oben auf dem Podest landen. "Es ist ein tolles Gefühl, wenn man alles gibt und dann mit einer guten Wertung belohnt wird", sagt Marcel. Finanzielle Belohnung ist dagegen im Rock 'n' Roll nicht zu erwarten, Selbst die Anreise und den Aufenthalt bei Turnieren müssen die Sportler selbst tragen.

Vier bis fünf Mal die Woche trainieren Marcel und Marina gut zwei Stunden lang, Sondertrainings nicht mitgerechnet. Für Freunde bleibe trotzdem Zeit, sagen sie, und gute schulische Leistungen seien Voraussetzung, dass sie für Turniere unterrichtsfrei bekommen. Wenn allerdings jemand suggeriert, dass sie als Hatzilazarou-Kinder den Erfolg ja geschenkt bekämen, wehrt sich Marina. "Man muss den Leuten schon manchmal sagen: Hei, ich muss es mir genauso erarbeiten."